Johannes Thumm, ein führender deutscher Aquarianer

Johannes Thumm, ein führender deutscher Aquarianer Anfang des 20. Jahrhunderts, wohnte und arbeitete in Klotzsche-Königswald

 

J. Thumm war Anfang des 20. Jahrhunderts gemessen an seinen etwa 90 Veröffentlichungen in vier Zeitschriften von 1904 bis 1912 einer der erfolgreichsten Aquarianer Deutschlands. Im krassen Gegensatz zu seinen Zeitgenosssen Paul Schäme und Hermann Härtel war bisher über seine Biografie in der Aquaristik fast nichts bekannt. Dies liegt vor allem daran, dass er sich später von der Aquaristik weitgehend abgewandt hat und der Betrieb in Klotzsche-Königswald aufgelöst wurde.

 

Aus heutiger Sicht hat J.Thumm folgende Bedeutung in aquaristischer Sicht u. v. a. (Gentzsch 2014 a, b):

Er hat 1906 weltweit die erste Zuchtformen Lebendgebärender Zahnkarpfen, die Scheckenkärpflinge Phalloceros caudimaculatus geschaffen (die allgemein bekannten Guppys, Schwertträger, Mollys u. a. sind erst später entstanden).

Fast alle damals importierten tropischen Fische hat er gepflegt und in vielen Fällen erstmals vermehrt.​​ 

Er gehörte zu den besten Fischzeichnern, was heute noch ​​ bedeutungsvoll ist, weil damals die Fotoqualität noch ungenügend war.​​ 

Der erste Bewertungsstandard für einen tropischen Zierfisch, den Makropoden, hat er 1907 erarbeitet und bei einer Ausstellung in Dresden angewendet.​​ 

Als Erster erkannte er, dass für eine erfolgreiche Fischzucht ein regelmäßiger Wasserwechsel dringend erforderlich ist. ​​ 

 

Johannes Christoph Friedrich Thumm (laut Adressbuch Klotzsche) wurde am 14.02.1872 in Kiel geboren (Anonym 2010). Entsprechend der Familientradition erlernte er am Ulmer Dom den Beruf

des Bildhauers. Auf der Hochzeitsreise besuchte er die Sächsiche Schweiz und verlegte seinen Wohnsitz von Zwickau nach Dresden. 1907 musste er aus gesundheitlichen Gründen​​ seinen Beruf als Steinmetz auf dem Dresdner Sankt-Pauli-Friedhof aufgeben (Anonym 2010), wobei auch angeführt ist:... „beschäftigte sich intensiv mit der Warmwasserfischzucht. Dabei erzielte er beachtliche Erfolge die bedeutende Züchter in Erstaunen versetzten. Im Buch „Brehms Tierleben“ sind 30 von ihm handgemalte seltene Fische veröffentlicht. Im Reclam-Verlag erschien von ihm das Büchlein „Der Warmwasser-Fischzüchter“ (Anm. Autor: richtig muss es wahrscheinlich heißen: „Fremdländische Zierfische im Wohnzimmer-Aquarium“, welches in der Lehrmeister-Bücherei des Verlages Hachmeister & Thal Leipzig von 1911 bis 1937 mindestens viermal erschienen ist).​​ 

 

Im Adressbuch steht der Zierfischzüchter Johannes Thumm 1907 noch in der Königsbrücker Straße 92 und von 1908 bis 1917 erst in der Langebrücker Straße 2, später 4 (nach Angaben des Stadtarchivs Dresden). In vielen Artikeln ist die Anschrift Klotzsche-Königswald ohne Straßenbez eichnung angegeben. Die Karte von Klotzsche aus dem Jahre 1905 und die heutigen zeigen, dass alle drei Adressen benachbart waren.​​ 

Überraschend war, dass in der Dresdner Heide-Zeitung (Anonym 1894-1914), in der dreimal wöchentlich umfangreiche Hinweise zu Geschäftsleuten aller Art in Form von Werbung, Weihnachts-/Neujahrswünschen, Geschäftseröffnungen u. v. a. vorhanden sind, J. Thumm nicht angeführt ist. Dies lässt vermuten, dass er in Klotzsche-Königswald, in dem sein Zuchtbetrieb war, wenig auf Werbung bedacht war und im öffentlichen Leben des Ortes kaum eine größere Rolle gespielt hat.​​ In Übereinstimmung damit steht auch, dass er im Buch von Bannack (2001) nicht erwähnt wird.

Nach Mitteilung des Ortschronisten S. Bannack vom 24.05.2012 und den Adressen in Telefonbüchern gibt es in der Langebrücker Straße 2 heute ein Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften und das Lokal „Ristorante Fellini“ (früher „Gasthof Deutsche Eiche“). Bei einem Besuch von Peter Uhlig und dem Autor am 23.07.2012 im Pflanzengarten und Heimatmuseum​​ Wehlen Sächsische Schweiz wurde bei einer Erinnerungstafel festgestellt, dass diesen der Bildhauer und Bergsteiger Hans Thumm 1925 gegründet hatte. Es bestand sofort der Verdacht, dass dieser mit dem Aquarianer Johannes Thumm näher verwandt ist, vor allem auch deshalb, weil die Schreibweise des Familiennamen Thumm wesentlich seltener als Thum ist (vgl. Telefonbücher). Deshalb wurde die Broschüre des Sächsischen ​​ Bergsteigerbundes erworben (Anonym 2010). Die angeführte Biografie beweist eindeutig die aquaristische Sensation, dass der angeführte Hans Thumm identisch ist mit​​ dem Aquarianer Johannes Thumm. Auch in der späteren Lebensgeschichte wird teilweise der Vorname Johannes durch die Kurzform Hans ersetzt.

Weitere biografische Daten sind nach Beendigung der Aquarianerlaufbahn bei Anonym (2010) angeführt. J. Thumm hatte Tausende von Pflanzen in Kultur, besonders aus der Alpenflora. Als Botaniker erfolgten mehrere Besuche in Linz, die dazu führten, dass er immer mehr zum Bergsteiger wurde. Für seine Verdienste als Vorsitzender des Bundesvorstandes erhält er 1936 die Goldene Ehrennadel des Bergsteigerbundes.​​ 

J. Thumm starb am 13.10.1949 in Dresden nach einem vielseitigen, arbeitsreichen und erfolgreichen Leben. Die Beisetzung seiner Urne erfolgte auf dem Sankt-Pauli-Friedhof Dresden. Dort hatte er bis zum Alter von 35 Jahren als Steinmetz gearbeitet.​​ 

Man kann annehmen, dass seine größten Erfolge aus heutiger Sicht die Verdienste für die Aquaristik sind. In Klotzsche-Königswald hat er seinen Zierfischzuchtbetrieb geführt.

 

Literatur:

Anonym (1894-1914): Dresdner Heidezeitung (bis 1902 Haidezeitung ​​ geschrieben): Lokalanzeiger für Klotzsche, Hellerau, Weixdorf und Umgegend.​​ 

Anonym (2010): Biografien und Porträts von Persönlichkeiten aus der 100-jährigen Geschichte des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB). Dresden, 101 S.

Bannack, S. (2001): Die Chronik von Klotzsche. Dresden, 195 S.​​ 

Gentzsch, D. (2014): Johannes Thumm – ein führender Aquarianer vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Aquar.-Fach-Magazin, H. 234, 60-67; H. 235, 60-66.

Gentzsch, D. (2014): Johannes Thumm, der erste Züchter von Zuchtformen bei Lebendgebärenden Zahnkarpfen, der Kaudis. DGLZ-Rundschau 41 (3), 108-122.

 

Dr. Dieter Gentzsch, Kitzscher

 

 

Legende der Abbildungen:

Foto von Johannes Thumm aus dem Botanischen Garten Wehlen

(Thumm Wehlen120723_1)

 

Scheckenkärpfling, die erste Zuchtform bei Lebendgebärenden Zahnkarpfen

(Phallcaudret090108_2)

 

Scheckengoldkärpfling, eine weitere Zuchtform

(Phallcaudgold250707_4)

 

Titelseite der Broschüre von Johannes Thumm

(Titelseiten1933)

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