Ein Waldpark voller Potenziale

 

 

von Johannes Otto

 

„Der Waldpark soll jedem Einwohner von Klotzsche-Königswald lieb und wert sein, er soll stolz auf ihn sein und ihn gleichsam als sein Eigentum betrachten.“

In diesem Sinne fasste die Waldparkkommission von Klotzsche-Königswald 1904 ihre Aufgabe auf, einen Waldpark für die Bevölkerung und ihre Gäste des heutigen Stadtteils Dresden-Klotzsche anzulegen.

Der einstige Schmuckplatz und das König-Albert-Denkmal, ausgestattet mit Schmuckvasen für Zier-

pflanzen und aufwendigen Sitzgelegenheiten, bildete den gartenkünstlerischen Höhepunkt im Waldpark Klotzsche (Foto: Deutsche Fotothek

Aufnahme-Nr. „df_pos-2005-a_0000427“)

 

Parkanlagen des Freiraumtyps wurden in deutschen Großstädten vermehrt zwischen 1880 und 1935 geschaffen. Sie bildeten einen fließenden Übergang von städtischen Räumen zum jeweils angrenzenden Wald und boten hohe Aufenthalts- und Erholungsqualitäten für die Bevölkerung. Im Gegensatz zu reinen Waldflächen befinden sich im Waldpark Bereiche, die gartenkünstlerisch überformt und bspw. mit Kleinarchitekturen ausgestattet wurden. So entstanden parkähnliche Räume von teilweise hoher künstlerischer Ausprägung – wie im Waldpark Klotzsche.

Durch die Arbeit und das Engagement der Waldparkkommission sowie die finanzielle Unterstützung privater Stifter wurden in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts beeindruckende Parkbereiche innerhalb der angrenzenden Waldflächen geschaffen. So entstanden zahlreiche Parkausstattungen, darunter viele Promenadenwege und Plätze, Kinderspielplätze, ein Rasentennisplatz, das König-Albert-Denkmal mit umgebendem Schmuckplatz sowie eine Wasseranlage mit Felsengrotte und rahmenden Rhododendren.

Durch gastronomische Angebote und verschiedene Veranstaltungsformate, wie Feste und Konzerte in der Wandelhalle oder den Musikpavillions, entwickelte sich eine rege Waldparkkultur. Doch diese Blütezeit kam mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges zum Erliegen und der Park war hierauf dem allmählichen Verfall preisgegeben. So wurden bspw. die Baulichkeiten der Wandelhalle und der Pavillons aufgrund von Holzmangel abgetragen. Die Skulptur König Alberts wurde 1946 mutwillig zerstört und die Bestandteile vergraben. Mitte der 1990er Jahre konnten zumindest Teile der Skulptur auf dem Gelände der 82. Grund- und Mittelschule ausgegraben und gesichert werden. Der Kopf König Alberts wurde bis heute nicht gefunden.

 

Der abgeschlagene Kopf des König-Albert-

Denkmals ist bis heute nicht wiedergefunden.

In seinem Vortrag zum Klotzscher Waldpark im September 2011 präsentierte Siegfried Bannack eine Fotografie der abgetrennten Körperpartie (Fotograf und Aufnahmedatum unbekannt)

 

Der Klotzscher Verein e. V. und der Staatsbetrieb Sachsenforst (Forstbezirk Dresden) sind bestrebt, den Waldpark wiederzubeleben. Durch erste gemeinsame Maßnahmen in den vergangenen Jahren sollte der Freiraum sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für Heidewanderer und Touristen ein attraktives Ausflugsziel werden. Sei es durch die Verkehrssicherung entlang der Gehwege und Waldbestände, die Wiederherstellung vom Sockel des König-Albert-Denkmals, die Errichtung des Erlebnispfades oder die Ausrichtung von Festen und Veranstaltungen.

So zog es in diesem Jahr zahlreiche Besucher am ersten Juliwochenende bei strahlendem Sonnenschein zum Klotzscher Waldfest am Forsthaus und dem angrenzenden Waldpark – wie bereits 1911 zum ersten Waldfest. Sie genossen die Sommerfrische der Umgebung sowie das reichhaltige Veranstaltungsangebot des Festes. Der Begrüßungstext des Programmflyers stimmte auf das grüne Kleinod am Rand der Dresdner Heide ein, und so nutzte der Klotzscher Verein das Fest auch, um den Gästen eine aktuelle Projektarbeit an der Technischen Universität Dresden zur möglichen Wiederbelebung des Waldparks vorzustellen.

Im vergangenen Wintersemester war das Parkgelände Gegenstand einer umfänglichen Planungsarbeit am Institut für Landschaftsarchitektur der TU Dresden. Im Lehrgebiet Gartendenkmalpflege erforschten Studenten die historische Entwicklung sowie die aktuelle Bestandssituation, bewerteten den Denkmalwert und erarbeiteten denkmalpflegerische Zielstellungen für künftige Erscheinungsmöglichkeiten der Parkanlage. Ausgewählte Arbeiten wurden auf dem Waldfest aus- und von Studierenden vorgestellt. Auf geführten Rundgängen hatten die Festbesucher zudem die Möglichkeit, die Ergebnisse der Untersuchungen und die Geheimnisse des Parks mit eigenen Augen kennenzulernen.

 

Besucher des Waldfestes informierten sich auf Rundgängen über Historie, Gegenwart und

Perspektiven des Waldparks

(Foto: Jens-Holger May, Juli 2023)

 

Die Arbeiten zeigten, dass der Waldpark Klotzsche große Potenziale in seiner Gesamtanlage aufweist. Darunter zählen u. a. die Strukturen des historischen Platz- und Wegesystems, erhaltene Sitzgelegenheiten aus der Blütezeit, die abwechslungsreichen Mischwaldbestände sowie wertvolle Groß- und Ziergehölze aus der Hochphase der Anlage. Zudem konnten Hinweise auf Gestaltungsvorschläge des Gartenkünstlers Max

Bertram ermittelt werden. Als freischaffen-

der Gartenkünstler war dieser auch im Auf-

trag des sächsischen Königshauses tätig und wurde u. a. mit dem Ehrentitel „Königlich-

Sächsischer Gartenbaudirektor“ ausgezeichnet.

Doch weisen der Park und seine einzelnen Bestandteile auch erhebliche Pflegemängel gegenüber vergleichbaren Anlagen, wie bspw. dem Waldpark Blasewitz, auf. Defizite sind an den Parkeingängen, auf Plätzen und Wegen, bei der Ausstattung sowie bei Kleinarchitekturen (z. B. Wasserspiel) zu verzeichnen.

So liegt die einstige Parkanlage weiterhin in einem Dornröschenschlaf und verfügt doch innerhalb ihres Bestandes über bemerkenswerte Möglichkeiten für den Aufenthalt, die Erholung und auch die gartenkünstlerische Ästhetik. Der Freiraum zeugt noch heute von den Bestrebungen der Klotzscher Bewohner zu Beginn des 20. Jahrhunderts, den heutigen Stadtteil zu einem Luftkurort zu entwickeln und den anliegenden Wald dafür zu kultivieren.

Seit den Gründungsjahren haben sich die Gewohnheiten und Nutzungsansprüche der Bewohner geändert. Doch der Park blieb in seiner Grundstruktur erhalten und eine Wiederbelebung ist möglich.

Durch bürgerschaftliches Engagement ist er in einzelnen Etappen entstanden und kann auf ähnliche Weise auch gewahrt und lang-

fristig erhalten bleiben. Die ersten Maßnahmen Anfang des 20. Jahrhunderts umfassten das Anlegen von Promenadenwegen und Sitzgelegenheiten sowie die Pflanzung zierender Bäume und Sträucher, um den Wald „nach und nach einem parkähnlichen Zustand zuzuführen“. Einfache Pflegemaßnahmen an den Parkeingängen, entlang der Gehwege und Plätze, wie bspw. das Roden von Aufwuchs, die Pflege von Gehölzen und die Beseitigung von Totholz, würden bereits einen großen Einfluss auf die Aufenthaltsqualitäten und das Aussehen des Parks haben. In einzelnen Etappen könnten so historische Plätze, wie die einstige Wandelhalle, freigelegt und für Parkbesucher erschlossen werden. Diese Räume könnten wie einst als Ziele für Ausflüge oder Picknicke dienen oder auch von Klotzscher Kindergartengruppen und Schulklassen als „Grünes Klassenzimmer“ genutzt werden.

Der Waldpark Klotzsche trägt viel Potenzial in sich. Aber für die Erhaltung und Wiedererschließung braucht es engagierte und helfende Hände sowie das Bewusstsein für einen würdigen Umgang mit der Anlage und seiner historischen Substanz, damit er auch in Zukunft allen „lieb und wert“ bleibt.

 

Kontakt: johannes.e.otto@gmail.com

 

 

Der Blick zum Sockel des ehemaligen König-Albert-Denkmals hat sich stark gewandelt,

doch Relikte der einstigen Platzgestaltung (rechts im Bild) zeugen noch heute von seinen einstigen Dimensionen (Foto: Johannes Otto, Juni 2023).

 

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